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„Das Leugnen stoppen“

Neue Studie über Zusammenhang von Homosexualität und Missbrauch in der Kirche. Von Konstantin Stein

Sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche hat sehr viel mit der Homosexualität von katholischen Priestern zu tun. Die Korrelation beträgt 0, 98,
was in der Sprache der Statistik eine nahezu vollständige Übereinstimmung bedeutet (der höchste Wert des Korrelationskoeffizienten beträgt 1, 0). Dieser
enge Zusammenhang ist das Ergebnis einer neuen bahnbrechenden Studie des amerikanischen Ruth Institute, die bisherigen anderslautenden Behauptungen
widerspricht. Der von Father Paul Sullins, einem Soziologieprofessor im Ruhestand der Catholic University of America, veröffentlichte Untersuchungsbericht
spricht darüber hinaus von „homosexuellen Subkulturen“ in katholischen Priesterseminaren, die zu einer Atmosphäre beigetragen haben könnten, die einen
Missbrauch von Minderjährigen durch homosexuelle Kleriker wahrscheinlicher machte.


Die Ergebnisse des Studienreports mit dem Titel „Gibt es einen Zusammenhang zwischen homosexuellen Priestern und dem sexuellen Missbrauch durch katholische
Geistliche?“ sind spektakulär und bestätigen das, was viele seit langem vermutet haben. Demnach sei der Anteil homosexueller Männer unter den Priestern
seit den fünfziger Jahren bis in die achtziger Jahre stark gestiegen. War er in den 1950ern erst doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung, so betrug
er 30 Jahre später das Vierfache des homosexuellen Anteils an der Gesamtbevölkerung. Dieser Trend war stark gekoppelt mit zunehmendem Kindesmissbrauch.
Zudem berichtete ein Viertel der Ende der sechziger Jahre geweihten Priester von einer homosexuellen Subkultur in ihrem Seminar – ein Anteil, der auf
mehr als die Hälfte der Priester anstieg, die in den 1980ern geweiht wurden. Auch dieser Trend korrelierte stark mit steigenden Fällen von Kindesmissbrauch.
Vier von fünf Opfern, die älter als sieben Jahre waren, sind Jungen. Nur eines von fünf ist ein Mädchen. Normalerweise beträgt der Anteil von weiblichen
zu männlichen Opfern beim Missbrauch von Minderjährigen zwei Drittel zu einem Drittel. Trotz dieser Datenlage sei die Vorstellung, „dass der Missbrauch
in Bezug steht mit homosexuellen Männern in der Priesterschaft, von den Kirchenführern weitgehend nicht akzeptiert worden“, beklagt Father Sullins.
Zudem: „Wenn man auf 16 Prozent Priester steigt, die homosexuell sind – damit ist der Anteil an Homosexuellen achtmal so hoch wie in der Gesamtbevölkerung
–, dann ist das so, als ob das Priestertum zu einer für homosexuelle Aktivität und homosexuelles Verhalten besonders einladenden und ermutigenden und
diese ermöglichenden Population wird.“ Dementsprechend erschreckend fällt das Fazit aus: Wäre der Anteil homosexueller Priester auf dem Niveau der
fünfziger Jahre geblieben, wären mindestens 12 000 weniger Kinder – mehrheitlich Jungen – missbraucht worden.

Der Studienreport entstand zum Teil als Reaktion auf zwei vorangehende wichtige Studien, die von den US-amerikanischen Bischöfen angesichts der Missbrauchskrise
in Auftrag gegeben und vom John Jay College of Criminal Justice durchgeführt wurden. Der Titel der ersten Untersuchung von 2004 lautete „Art und Ausmaß
des Problems des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch katholische Priester und Diakone in den Vereinigten Staaten“.

Die zweite Erhebung von 2011 – „Ursachen und Kontext des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen durch katholische Priester in den Vereinigten Staaten,
1950–2010“ wurde heftig kritisiert. Auslöser des Widerspruchs war die Behauptung, man habe keinen Beweis dafür gefunden, dass homosexuelle Priester
für die Missbrauchskrise verantwortlich gemacht werden könnten – obwohl mehr als 80 Prozent der Opfer männlich und 78 Prozent postpubertär waren. Der
Report habe sich der politischen Korrektheit unterworfen, hieß es seitens der Kritiker. Sieben Jahre später nahm sich des Themas nun das Ruth Institute
an, das sich als weltweite gemeinnützige Organisation zum Ziel setzt, den verheerenden Einfluss der sexuellen Revolution zu erforschen und Lösungen
zu finden.

Der Leiter der Studie, Father Sullins, der ehemals der Episkopalkirche angehörte und nun verheirateter katholischer Priester ist, legte kürzlich in einem
Interview mit der Zeitung „National Catholic Register“ dar, weshalb es im Klerus „keine Bereitschaft“ gebe, sich den Beweisen zu diesem Thema zu stellen:
„Es gibt eine weit verbreitete Leugnung etwaiger negativer Auswirkungen homosexueller Aktivität sowie jeglicher Erkenntnisse, die für homosexuelle
Personen im wissenschaftlichen Bereich möglicherweise nicht günstig sind.“ So fragt er, ob die Geistlichen „einfach nicht sehen oder nicht wissen wollen“,
dass homosexuelle Aktivität unter Priestern „in gewisser Weise Schaden in der Kirche anrichtet?“ Manche bezeichneten das als „Vertuschung“. Als Schwachstellen
der früheren Studien benennt Sullins den Fakt, dass die Diözesen und die Priesterseminare, in denen Missbrauch geschah, nicht namentlich identifiziert
wurden. So dass es auch keine Möglichkeit gab, hier anzusetzen und Abhilfe zu schaffen.

Sullins’ Lösungsvorschlag sieht so aus: Um mit den homosexuellen Subkulturen in den Seminaren fertigzuwerden, sei „das Erste, was getan werden muss, das
Leugnen zu stoppen“. Man müsse erkennen, dass es ein Problem gäbe. Dazu gehöre das Eingeständnis, dass es einen Zusammenhang geben könne zwischen „homosexuellem
Verhalten in Seminaren oder in der Priesterschaft und dieser Art von Unheil“, dem Missbrauch. Der Impuls, „dass wir nichts sagen wollen, was homosexuelle
Personen stigmatisieren könnte, ist verständlich. Doch dies muss abgewogen werden gegen das Schadenspotenzial für die Opfer. Wie oft wollen wir das
noch wiederholen und weiterhin das leugnen, was immer offensichtlicher wird?“ Wann ergreifen wir Maßnahmen, um es anzugehen?

Wie für die meisten Katholiken heute stehe auch für Sullins „die Glaubwürdigkeit unserer Bischöfe in Bezug auf dieses Thema infrage: „Ich hasse, das zu
sagen. Ich liebe die Kirche, doch im Grunde kann den Bischöfen als einer Gruppe die Lösung dieses Problems in diesem Punkt nicht zugetraut werden.“
Andere Leute, so meint er, hätten klarere Vorstellungen darüber, was zu tun sei.

Ob er nicht den Vorwurf der Homophobie fürchte? Wenn man sich entscheiden muss, so antwortet er, lieber als „homophob“ bezeichnet zu werden oder aber zuzulassen,
dass immer mehr Jungen missbraucht werden, so riskiere er eher, homophob genannt zu werden. Denn die Frage sei ja: „Sind wir auf der Seite der Kinderschänder
oder sind wir auf der Seite der Opfer? Ich glaube, dass die Worte unseres Herrn über die Bedeutung von Kindern und über die Abscheulichkeit derjenigen,
die solche Kinder in die Irre führen, meiner Meinung nach all das wettmachen würden, wie mich jemand bezeichnen könnte.“

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